In Fortführung und Ergänzung des Threads “Normalisierung ab mAirList v6.2” möchte ich euch eine weitere Option vorstellen, die mit Version 6.3 eingeführt wurde.
Bis zur Version 6.2 kannten wir nur die Normalisierung nach…
- Peak (dBFS)
Standardwert bei Erstinstallation: 0 dBFS.
Mit Version 6.2 kam die Lautheitsnormalisierung nach EBU R 128 hinzu:
- EBU R 128 (LUFS + dBTP)
Der Vorgabe entsprechend -23 LUFS bei max. -1 dBTP.
In Version 6.3 wurde eine weitere Normalisierungsmethode eingeführt.
- True Peak (dBTP)
Standardwert, abgeleitet aus der R 128: -1 dBTP.
Diese Einstellung und dieser Wert ist ab sofort der Standard bei Neuinstallationen.
Wer die Konfiguration aus einer früheren Version übernimmt, überschreibt diese Standardeinstellung und muss manuell nachjustieren.
Davon unabhängig bleibt die generelle Empfehlung zur Lautheitsnormalisierung nach EBU R 128 bestehen.
Okay, zurück zur Peak-Normalisierung: Was soll das?
True Peak ist der neue Maßstab, denn er ermittelt die Werte genauer und sauberer als dBFS. Zugleich werden somit digitale Übersteuerungen vermieden.
Zu Vergleichszwecken habe ich eine mehr als zweistündige Playlist im Mixdown mit verschiedenen Normalisierungen gegeneinander antreten lassen.
Aus Fairnessgründen habe ich jeweils 0 bzw. -1 dBFS gegen dBTP gegeneinander getestet.
Fangen wir mit 0 an; dBFS oben, dBTP unten:
Dass 0 dBFS zu messbaren Übersteuerungen führen würde, ist angesichts der intersample peaks nachvollziehbar.
Bei True Peak passiert das nicht (sichtbar); im Orban Loudness Meter konnten jedoch auch hier vereinzelte Überschreitungen nachgewiesen werden.
Zwischen-Resümee: 0 dBFS ist 'raus, 0 dBTP nicht empfehlenswert.
Jetzt der Vergleich mit -1 in beiden Normalisierungsmethoden:
Sieht doch gut aus, auch bei dBFS (oben), oder nicht?
Optisch schon, aber in den Messwerten hat dBFS leider auch hier ein paarmal deutlich übersteuert - nur dass es von Audacity in dem Fall nicht angezeigt wird.
Sorry, aber die Peak-Normalisierung nach dBFS verliert schon wieder.
Apropos Messwerte: Beim Vergleich “-1” ergaben sich höchst unterschiedliche durchschnittliche Lautheitswerte.
- dBFS = -11,7 LUFS
- dBTP = -17,9 LUFS
Nanu?
Zieht mal die “-1 - Grafik” richtig groß und schaut euch die beiden Bereiche…
- 33’ - 40’
(zwei Lieder)
… sowie …
- 1 h 19’ - 1 h 23’
(ein Lied)
genauer an.
Ich habe es hier markiert (es gibt noch mehr solcher Stellen, sucht mal):
Die Briketts, die oben (dBFS) noch bis kurz vors Limit reichen, erscheinen unten (dBTP) deutlich kleiner, ja, fast schon wie bei der Normalisierung nach R 128.
Wie das?
Torben formulierte es mal ganz geschickt:
… aber eben nur “meist” - und da liegt der Hund begraben. Es gibt so Ausreißer, da offenbaren sich durch die Berücksichtigung der intersample peaks erhebliche Unterschiede.
Beispiele:
Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Alle Werte im sauberen Bereich.
Doch Vorsicht!
Bei der Normalisierung nach dBFS würde der Pegel viel zu weit hochgezogen - weiter jedenfalls, als es der tatsächliche (“True”) Peak zulassen würde.
Die Übersteuerung wäre vorprogrammiert.
Nachfolgend wird es noch deutlicher:
Während man beim dBFS-Wert glauben könnte, es sei noch alles okay, sagt der dBTP-Wert schon jetzt:
STOP - ich bin im Plus-Bereich, und das deutlich!
Solche immer wieder auftretenden Differenzen (2,4 bzw. 1,5) erklären dann auch die hier in der Wellenform sichtbaren Unterschiede in der Normalisierung.
Ihr könnt es in eurer eigenen Datenbank gerne ausprobieren:
Zurück zur markierten Wellenform: Als Nebeneffekt tritt auch eine leichte (!) Lautheitsnormalisierung ein, die zwar noch nicht R 128 ist, aber solche Lautheitssprünge wie in der dBFS-Normalisierung treten nicht mehr so massiv auf.
Schaut einfach nur auf den oben aufgezeigten Unterschied in der durchschnittlichen Lautheit zwischen -1 dBFS und -1 dBTP: -6,2 LUFS leiser! Das zeigt mehr als deutlich auf, dass die Peak (dBFS)-Normalisierung zu missweisenden Ergebnissen führen muss.
Da es immer noch sehr viele Nutzer gibt, die ein nachgeschaltetes DSP die Arbeit verrichten lassen, steht die Vorher-Normalisierung nicht besonders hoch auf ihrer Prioritätenliste.
Dennoch hat eine Peak-Normalisierung mit -1 dBTP echte Vorteile: Das Signal wird dem DSP gleich viel sauberer angeliefert und das DSP muss nicht so viele (evtl. hörbare) Überstunden schuften.
Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass eine Normalisierung nach R 128 stets besser ist - auch, wenn danach noch unbedingt ein DSP kommen muss.
Warum wurde die Peak-Normalisierung nach dBFS noch beibehalten?
Weil nicht jeder Nutzer mit der Umstellung auf v6.3 automatisch seine gesamte Musikdatenbank umstellen kann oder möchte.
Gewissermaßen eine “Abwärtskompatibilität” zu älteren Installationen, und deshalb ist -1 dBTP ja auch die neue Voreinstellung bei Neuinstallationen. Alte bzw. frühere Konfigurationen wollten wir beim Import der Konfiguration in v6.3 nicht zwangsweise überschreiben, also musste die Option erhalten blieben.
Dennoch empfehle ich jedem Peak-Normalisierer, die Normalisierungsmethode umzustellen und seine Datenbank in der Massenbearbeitung neu zu normalisieren.
Peak (dBFS) hat als Normalisierungsmethode, das sollte jetzt klar sein, keine Zukunft mehr.
Bitte beachten:
Falls die Bibliothek noch keine Lautheitsanalyse durchlaufen hat: Das ist das eine zwingende Voraussetzung dafür (rechen- und zeitintensiv!). Die Normalisierung nach dBTP braucht den True-Peak-Wert.
Bei einer Normalisierung auf Audio-Elementen ohne bereits erfolgter Lautheitsanalyse wird diese gleich mit erledigt. Sie braucht dann zwar länger, aber dafür auch nur einmal.
Viel Erfolg mit True Peak - oder, besser: Mit R 128.