Normalisierung ab mAirList v6.2

Lieber Uli, ich möchte Deine gründliche und korrekte Arbeit nicht entwerten (tue ich auch nicht), aber eine Anmerkung dazu sei mir doch gestattet:

Du schreibst völlig richtig:

Aber genau das ist dem Ich-mache-es-mit-minus-18-denn-die-DAB-Leute-machen-es-ja-auch schon der Fall. Damit ist dem Pöh-ich-mache-es-mit-minus-14-damit-ich-lauter-bin Tür und Tor geöffnet! Daher:

Für mein Empfinden wird viel zuviel auf dem Wort „Empfehlung“ herumgeritten und es als willkommene Ausrede gebraucht, es eben doch lauter zu machen.

Eine „Empfehlung“ im Sinne der EBU heißt, es wird empfohlen, es so zu machen. In der Folge also, wenn Du es so machst, dann halte Dich bitte genau an das Verfahren!

Da es keine Lautheitspolizei gibt und die EU sich nur mit Glühlampen und Wasserkochern beschäftigt, bleibt der nicht mit legislativen Befugnissen ausgestatteten Behörde EBU nichts anderes übrig, als etwas zu empfehlen. Noch einmal:

R 128 funktioniert nur, wenn sich alle daran halten!

Und daß dann doch wieder an der Schraube herumgedreht wird, macht mich ein wenig traurig, denn im Grunde (und das geht nicht gegen Dich, Uli, dem R-128-Verfechter schlechthin) haben all die Schraubendreher nichts verstanden. Es zeigt aber auch, wie tief inzwischen die Ich-bin-viel-zu-leise-Angst im Hirn der Radiomacher verwurzelt ist.

Ich gebe allerdings auch zu, daß die R-128-„Empfehlung“ – ich glaube, ich schrieb es andernorts bereits – auch im Hinblick auf das Fernsehen konzipiert worden ist, bei dessen Spielfilmen es ja wesentlich dynamischer zugeht (zugehen sollte), als bei uns Radioleuten. Insofern kommst Du technisch gesehen im Hörfunk mit den –18 LUFS meistens davon.

Damit habe ich den Bogen geschlagen zu einer Anmerkung zu den ominösen –1 dBTP:

Dieser Grenzwert hat nichts, aber auch gar nichts mit der Lautheit zu tun, sondern hält neu hinzugewonnene Dynamikenthusiasten davon ab, aus Versehen doch den Sender umzukippen.

Vom Pegel her sind sie gleichzusetzten mit –1 dBFS, was in deutschen Hörfunkstudios soviel bedeutet wie eine Spannung von 3,88 Veff. Lediglich das Meßverfahren ist verfeinert, denn man hat in den vergangenen dreißig Jahren nach der Digital-ist-alles-toll-Euphorie tatsächlich noch etwas hinzugelernt. Es hängt damit zusammen, daß auch das eigentlich als zuverlässig anerkannte Sampling mit 16 Bit seine Grenzen hat. Diese Grenzen liegen zwischen den einzelnen Samples, und daher setzt die verfeinerte Messung auf Oversampling. Ich erspare mir jetzt aber einen weiteren Vortrag und verweise auf die hervorragende Arbeit von Christian Schubert zu diesem Thema. Da aber auch das neue Meßverfahren nach R 128 (Achtung, „Empfehlung“ zwar, aber bei der Anwendung eben verbindlich!) seine Grenzen hat, erlaubt man sich den Headroom von 1 dB.

Wichtig zu wissen ist, daß die oben genannten Schraubendreher sich beim Ich-mach-es-doch-lauter eben dieser Grenze nähern, und dann möglicherweise mit einer zufällig anwesenden Pegelspitze oben an den –1 dBTP anschlagen. Dann regelt der Algorithmus natürlich herunter – muß er, denn er ist auch für die technisch korrekte Aussteuerung verantwortlich. Das bedeutet in der Folge aber wieder einen Lautheitssprung im Programm, da er ja nicht so konnte, wie für eine gleichmäßige Lautheit notwendig. (Technische Aussteuerungsgrenze schlägt die psychoakustische, Verzerrungsfreiheit vor Schönheit.) Das ist das Risiko des Schraubendrehers.

Kommentierte Grüße

TSD

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