Es ist an der Zeit, mal wieder in Sachen R 128 zu trommeln.
Anlass ist eine lange Diskussion vom Wochenende mit einem Mitarbeiter eines engagierten Webradios, der ja durchaus aufgeschlossen gegenüber neuen Entwicklungen ist, sich in der Praxis dann aber doch eher schwer tut.
Im Schnitt läuft dort die Automation - ohne Moderationsanteile - mit einer Lautheit von ≈ -12 LUFS und einem LRA < 2. Das spricht für eine hohe Kompression mit hohem anschließendem Upgain.
Natürlich war in dem Fall das StereoTool “schuld” - es wird senderweit eingesetzt, damit alle Moderatoren mit der gleichen Lautheit daherkommen. Immerhin.
Gegen diese Philosophie kommt man mit einem “nackten” bzw. unprozessierten Signal nicht an, das ist klar. Und wenn das auszuspielende Material schon von Hause aus platt wie 'ne Flunder ist, braucht man sich in Sachen Dynamik gar nicht erst anzustrengen.
Natürlich gibt es Versuche, mittels StereoTool gewisse Soundanteile wieder “dranzusägen”, aber meine Begeisterung dafür hält sich in Grenzen. Deutlich.
Blöderweise verpassen solche Automationsgestalter immer wieder so kleine nette Highlights im Stream.
Denn inmitten dieser ekligen Mastering-Briketts (die es auch bei mir zuhauf gibt) blitzt plötzlich ein von einem Toningenieur gemastertes Stück auf, der - früher vielleicht? - einfach mal machen durfte, als ob es keinen loudness war gegeben hätte.
Und plötzlich geht die Sonne auf.
Der Screenshot zeigt einen ca. elf Minuten langen Mitschnitt eines Webstreams in Audacity. Der Streaminhalt ist vollständig mit mAirList auf R 128 normalisiert. Es fand kein nachgeschaltetes DSP statt.
In der Mitte erkennt man ganz deutlich, wie gut man Musik mastern kann (Spoiler: Der Produzent hat auch richtig Ahnung davon und ist ein erklärter Gegner des loudness war).
Links und rechts davon erkennt man die typischen Briketts aktueller Sampler.
Hier zeigt die Normalisierung nach R 128, welches Potential in ihr steckt.
Bei einer Peak-Normalisierung wären die Briketts überproportional stark hochgezogen worden, während das Stück in der Mitte ob seiner Peaks vergleichsweise “klein” geblieben wäre.
Der Lautheitssprung wäre vorprogrammiert.
Stattdessen bleibt das, was wir wahrnehmen, durch die Lautheitsnormalisierung angenehm gleich:
Erst wenn wir bereit sind, uns darauf einzulassen und unsere Hörgewohnheiten ändern - weg von der irrigen Annahme “laut = gut” bzw. “lauter = besser” -, dann hat der gute Klang auch wieder eine Chance.
Damit werden die vorab erwähnten Kompressoren überwiegend arbeitslos (von dem separat zu behandelnden Mikrofonkanal vielleicht mal abgesehen), denn:
Seid mutig und gebt der Musik einfach mal wieder ihren Raum zurück, den sie früher™ ohnehin hatte.
Es lohnt sich!
// @TomJumbo83, von dem ich weiß, dass auch er sich für dieses Thema begeistern kann.